Neue Rechte für Aktionäre ab 2012

Ein neues Gesetz ändert die Einberufung der Hauptversammlung und die Teilnahme daran, um die Informierung der Aktionäre zu verbessern. Sehr viele Gesellschaften müssen, falls notwendig, ihre Satzung anpassen, um die Änderungen umzusetzen. Spätestens am 1. Januar 2012 muss die Satzung mit den zwingenden Bestimmungen des Gesetzes in Übereinstimmung sein.

Anwendungsbereich des Aktionärrechtsgesetzes

Am 1. Januar 2012 tritt das Gesetz vom 20. Dezember 2010 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären notierter Gesellschaften (Belgisches Staatsblatt vom 18. April 2011) in Kraft. Dieses Gesetz gilt nicht nur für börsennotierte Gesellschaften, sondern auch für bestimmte nicht an der Börse notierte Gesellschaften. Für die nicht notierten Gesellschaften sind wichtige Maßnahmen optional. D. h., sie können die Maßnahmen - wie das Organisieren einer elektronischen Hauptversammlung - in die Satzung aufnehmen, sind dazu jedoch nicht verpflichtet.

Einberufung der Hauptversammlung

Bei notierten Gesellschaften dauert die Frist für die Einberufung der Hauptversammlung ab dem 1. Januar 2012 mindestens 30 Tage anstatt bisher 21 Tage. Wenn sie eine zweite Hauptversammlung mit derselben Tagesordnung einberufen müssen, weil bei der ersten Einladung das verlangte Quorum nicht erreicht worden ist und die erste Versammlung dadurch nicht gültig beraten konnte, bleibt die Mindestfrist für die neue Einladung 17 Tage.

Das System der Einladung für börsennotierte Gesellschaften im Belgischen Staatsblatt und einer landesweit verbreiteten Zeitung wird ergänzt. Ab dem 1. Januar 2012 müssen notierte Gesellschaften die Einladung auch auf der Website der Gesellschaft und in den Medien veröffentlichen, von denen wir mit Recht annehmen dürfen, dass sie für eine wirkungsvolle Verbreitung der Information beim Publikum im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sorgen können: Presseagenturen, Tageszeitungen mit internationaler Reichweite, (elektronische) Informationsverschaffer usw.

Die Mindestangaben in der Einladung zur Hauptversammlung werden umfangreicher (u. a. Ort, Datum, Uhrzeit, Tagesordnung, Beschlussvorschläge, verschiedene Möglichkeiten um teilzunehmen, zugehörige Formalitäten). Diese Informationen müssen auch auf der Website der Gesellschaft bis fünf Jahre nach dem Termin der Hauptversammlung zur Verfügung stehen bleiben.

Das neue Gesetz verlängert auch die Frist für die Vertagung der Hauptversammlung durch den Vorstand, wenn dieser von einer wichtigen Beteiligung erfährt, um drei bis fünf Wochen. Die Verlängerung dieser Frist gilt nur für notierte Gesellschaften.

Teilnahme an der Hauptversammlung

Ein oder mehrere Aktionäre, die zusammen mindestens 3 % des Gesellschaftskapitals einer notierten Gesellschaft besitzen, erhalten das Recht, einzelne Punkte auf die Tagesordnung der Hauptversammlung zu setzen und Vorschläge zur Beschlussfassung einzureichen. Das ist neu. Dieser Antrag kann bis 22 Tage vor der Hauptversammlung schriftlich eingereicht werden. Spätestens 15 Tage vor der Hauptversammlung gibt die Gesellschaft die ergänzte Tagesordnung bekannt.

Das (optionale) System des Registrierungsdatums für notierte Gesellschaften wird Pflicht. Um an der Hauptversammlung teilnehmen zu können, müssen die Aktien am vierzehnten Tag vor der Hauptversammlung um vierundzwanzig Uhr auf den Namen des Aktionärs registriert sein. Spätestens am sechsten Tag vor der Versammlung muss der Aktionär die Gesellschaft über seine Absicht, dass er teilnehmen will, in Kenntnis setzen.

Die Aktionäre einer notierten oder nicht notierten belgischen Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Genossenschaft können ab dem 1. Januar 2012 aus der Ferne an der Hauptversammlung teilnehmen. Dies ist brieflich oder auf dem elektronischen Weg möglich. Diese Möglichkeit muss ausdrücklich in der Satzung erwähnt werden.

Auch die elektronische Fernabstimmung vor der Hauptversammlung wird möglich (allerdings nicht bei der Genossenschaft). Die Eigenschaft und die Identität des Aktionärs müssen in diesem Fall kontrollierbar sein, und die Abstimmung muss spätestens einen Tag vor der Versammlung stattfinden.

Der Vorstand von notierten Gesellschaften hat ab dem 1. Januar 2012 das Recht, die Entscheidung über die Genehmigung des Jahresabschlusses um fünf Wochen (momentan drei Wochen) zu verschieben. Diese Änderung gilt nur für die belgische AG und die Europäische Aktiengesellschaft (SE).

Das neue Gesetz verdeutlicht abschließend das Fragerecht der Teilhaber und Aktionäre, das sie sowohl mündlich (während der Hauptversammlung) als auch schriftlich (vor der Hauptversammlung auf dem elektronischen Weg) ausüben können. Diese Verdeutlichungen gelten für die notierten als auch für die nicht notierten belgischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaften mit beschränkter Haftung und Aktiengesellschaften sowie für die Europäischen Aktiengesellschaften und Genossenschaften. Die Vorstände und die Aufsichtsräte der Gesellschaft sind verpflichtet, die Fragen von Teilhabern und Aktionären zu beantworten unter der Bedingung, dass die Erteilung der Informationen den geschäftlichen Interessen der Gesellschaft oder der Vertraulichkeit, zu welcher die Gesellschaft, ihre Geschäftsführer/Vorstände oder ihre Aufsichtsräte sich verpflichtet haben, nicht schadet. Bisher lautete das Kriterium, dass die Antwort der Gesellschaft, den Aktionären oder dem Personal keinen ernsthaften Nachteil zufügen durfte.

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