Eine Steuerbefreiung von Amts wegen: was ist das nun wieder?

Haben Sie zu viele Steuern bezahlt, weil Ihnen ein Irrtum unterlaufen ist oder weil Sie zweimal für dasselbe Einkommen besteuert wurden? Oder geht die zu hohe Besteuerung aus neuen Bescheiden oder neuen Tatbeständen hervor, die Sie erst verspätet dem Finanzamt melden können? Dann können Sie eine Befreiung für diese Überbesteuerung beantragen. Mehr sogar, das Finanzamt muss diese Befreiung von Amts wegen gewähren (also auf eigene Initiative), wenn es die Überbesteuerung feststellt. Die zu viel veranlagte Steuer wird Ihnen dann erlassen.

Wann kann die Steuerbefreiung von Amts wegen angewandt werden?

Der Regionaldirektor oder ein von ihm delegierter Beamter erlässt die zu viel veranlagte Steuer in den folgenden drei Fällen (= Steuerbefreiung von Amts wegen):

wenn die Überbesteuerung aus einem materiellen Irrtum hervorgeht;

wenn die Überbesteuerung aus neuen Tatbeständen oder Bescheiden hervorgeht;

wenn die Überbesteuerung aus einer doppelten Besteuerung desselben Einkommens hervorgeht.

Die Verwaltung gewährt die Befreiung, wenn (1) der Steuerschuldige oder sein Ehepartner, auf dessen Güter der Steuerbescheid eingefordert wird, die Überbesteuerung dem Finanzamt mitteilt oder (2) das Finanzamt die Überbesteuerung selbst feststellt, innerhalb von fünf Jahren ab dem 1. Januar des Jahres, in welchem die Steuer erhoben wurde.
Der Steuerpflichtige darf beim Finanzamt über denselben Bescheid noch keine Beschwerde eingereicht haben, bei der eine endgültige Entscheidung über die Angelegenheit getroffen wurde.

Ein materieller Irrtum

Eine Befreiung ist nur möglich, wenn Sie einen 'materiellen Irrtum' begangen haben. In der Praxis heißt das: ein Schreibfehler oder ein Rechenfehler. Ein Irrtum, der aus einer falschen juristischen Beurteilung hervorgeht (z. B., wenn Sie ein bestimmtes Einkommen als diverses Einkommen statt als Berufseinkommen angeben), gilt nicht als materieller Irrtum. Wenn Zweifel besteht, ob Ihnen ein materieller Irrtum oder aber ein Beurteilungsfehler unterlaufen ist, wird das Finanzamt zu Ihren Gunsten entscheiden. Mit anderen Worten, es wird von einem materiellen Irrtum Ihrerseits ausgegangen.
Einige Beispiele für einen materiellen Irrtum:

Sie haben bestimmte Werbungskosten zwar in der Beilage zur Steuererklärung aufgeführt/belegt, aber Sie haben vergessen, diese in die Erklärung selbst einzutragen;

Sie haben das Kästchen mit 'Personen zu Lasten' nicht ausgefüllt;

Sie haben nicht gemeldet, dass Ihre Gesellschaft noch übertragbare Verluste aus einem vorigen Steuerzeitraum hat.

Neue Tatbestände oder Bescheide

Eine Befreiung ist auch möglich, wenn der Steuerschuldner sich auf neue Tatbestände beruft oder dem Finanzamt neue Unterlagen vorlegt, aus denen hervorgeht, dass er zu hoch besteuert wurde. In diesem Fall muss der Steuerpflichtige allerdings 'legitime Gründe' für die verspätete Meldung dieser neuen Tatbestände oder Bescheide haben.
Legitime Gründe, um verspätet neue Tatbestände/Unterlagen zu melden (dabei handelt es sich früher von der Rechtsprechung akzeptierte Gründe):

ein in Konkurs gegangener Steuerpflichtiger konnte erst nach längerer Zeit wieder über seine Buchhaltung verfügen, wodurch er seine erlittenen Verluste erst dann belegen konnte;

längerfristige Krankheit des Geschäftsführers des Unternehmens.

Eine neue Tendenz in der Rechtsprechung ist kein neuer Tatbestand.

Doppelbesteuerung

Wenn Sie auf ein- und dasselbe Einkommen während desselben Veranlagungsjahres oder verschiedener Veranlagungsjahre zweimal besteuert werden, sind Sie das Opfer einer 'Doppelbesteuerung'. Die zu Unrecht erhobene Steuer können Sie dann zurückerhalten.
Die Steuerbefreiung von Amts wegen kann bei allen Sorten von doppelter Besteuerung angewandt werden, und nicht nur bei der internationalen Doppelbesteuerung, die entstehen kann, wenn Sie Einkünfte im Ausland beziehen (die sowohl dort als auch hier besteuert werden).

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