Übertragung unter der Autorität des Gerichts: was geschieht mit den Rechten Ihrer Arbeitnehmer?

Die Rechte der Arbeitnehmer, die der neue Arbeitgeber im Fall einer Übertragung unter der Autorität des Gerichts garantieren muss, werden im Gesetz über die Kontinuität der Unternehmen nur summarisch angesprochen. Der Gesetzgeber hat den Sozialpartnern im Nationalen Arbeitsrat die Befugnis erteilt, die Materie näher auszuarbeiten. Das ist im KAA Nr. 102 geschehen. Dieses Abkommen formuliert den Inhalt der Rechte der Arbeitnehmer im Fall einer Übertragung unter der Autorität des Gerichts. Das KAA ist unbefristet und seit dem 1. August 2013 in Kraft.

Gesetz über die Kontinuität der Unternehmen abgeändert

Unternehmen mit finanziellen Schwierigkeiten können das Verfahren der gerichtlichen Reorganisation in Anspruch nehmen, um einen vorübergehenden Schutz gegen ihre Gläubiger zu erwirken. Das Gesetz vom 31. Januar 2009 über die Kontinuität der Unternehmen trat am 1. April 2009 in Kraft und regelt das Verfahren der gerichtlichen Reorganisation. Über dieses Verfahren können Sie, wenn Ihr Unternehmen als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft worden ist, mit der Mitwirkung eines gerichtlichen Mandatsträgers eine der folgenden drei Sicherungsmaßnahmen anwenden: den Abschluss einer gütlichen Einigung, die Erzielung eines Reorganisationsplans mit dem Einverständnis Ihrer Gläubiger oder die Realisierung einer Übertragung unter der Autorität des Gerichts. Die Übertragung unter der Autorität des Gerichts ist demnach eine Maßnahme, um die Erhaltung Ihres gesamten Unternehmens oder eines Teils Ihres Unternehmens oder seiner Geschäftsbereiche im Rahmen des Verfahrens der gerichtlichen Reorganisation zu gewährleisten.

Vier Jahre nach der Einführung des Gesetzes über die Kontinuität von Unternehmen hält der Gesetzgeber es für notwendig, in die verschiedenen Phasen einzugreifen, um Unternehmen in Schwierigkeiten noch schneller zu erkennen. Die Veröffentlichung des Anpassungsgesetzes vom 27. Mai 2013 zur Änderung verschiedener Gesetze in Bezug auf die Kontinuität der Unternehmen hat auch zur Folge, dass ab dem 1. August 2013 die kollektiven Arbeitsabkommen Nr. 102 und 5 quater uneingeschränkt in Kraft treten. Das KAA Nr. 102, das am 5. Oktober 2011 im Nationalen Arbeitsrat geschlossen wurde, bestimmt den Inhalt der Rechte der Arbeitnehmer im Fall einer Übertragung unter der Autorität des Gerichts. Das KAA Nr. 5 quater sorgt dafür, dass die Position der Mitglieder der Gewerkschaftsdelegation während der Reorganisation gewährleistet bleibt.

Allgemeine Regel im KAA Nr. 102: übernommene Arbeitnehmer behalten ihre Rechte und Pflichten

Das kollektive Arbeitsabkommen Nr. 102 regelt nur die Rechte der übernommenen Arbeitnehmer. Dieses KAA sieht vor, dass der Übernehmer wählen kann, welche Arbeitnehmer er übernimmt. Seine Entscheidung muss allerdings durch technische, wirtschaftliche oder organisatorische Gründe bestimmt werden und ohne verbotene Differenzierung erfolgen. Die nicht übernommenen Arbeitnehmer bleiben mit dem übertragenden (überlassenden) Unternehmen verbunden.

Die übernommenen Arbeitnehmer behalten im Prinzip die Rechte und Pflichten, die aus den bestehenden Arbeitsverträgen hervorgehen. Diese Rechte und Pflichten gehen im Fall einer Übertragung automatisch auf den Übernehmer über, insoweit er darüber informiert wurde. Manche Unterstützungszahlungen wie die Invaliditätsentschädigung fallen allerdings nicht unter das Prinzip des Übergangs (der Beibehaltung) von Rechten.

Vom Prinzip der Beibehaltung von Rechten existieren zwei Abweichungen:

1. Im Rahmen eines kollektiven oder individuellen Verhandlungsverfahrens können sich die Arbeitsbedingungen ändern: d. h., dass der Übertragende, der Übernehmende und die Arbeitnehmervertreter von den kollektiven Arbeitsbedingungen abweichen können, um die Beschäftigung in einem kollektiven Verhandlungsverfahren sicherzustellen, das zu einem KAA führt; oder der Übernehmer und der Arbeitnehmer können untereinander die individuellen Arbeitsbedingungen ändern, insofern diese Änderungen hauptsächlich mit technischen, wirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen verbunden sind.

2. Der Übernehmer ist nur zu den Verpflichtungen gebunden, die ihm der gerichtliche Mandatsträger schriftlich mitgeteilt hat. Es geht dabei um Rechte und Pflichten, die individuell in den Arbeitsverträgen der zu übernehmenden Arbeitnehmer vereinbart wurden, die Schulden des Übertragenden, die aus den Arbeitsverträgen der zu überzunehmenden Arbeitnehmer hervorgehen, und die Forderungen, die diese Arbeitnehmer gegen den Übertragenden erhoben haben. Der gerichtliche Mandatsträger muss außerdem jeden zu übernehmenden Arbeitnehmer mit einem Einschreiben über obenerwähnte Rechte und Pflichten informieren.

Wenn der Arbeitnehmer Unregelmäßigkeiten feststellt, kann er innerhalb eines Monats ab dem Versand des Einschreibens dessen Inhalt beim gerichtlichen Mandatsträger anfechten. Sind diese Angaben nicht korrekt oder unvollständig, kann der gerichtliche Mandatsträger eine Korrektur vornehmen. Weigert sich der gerichtliche Mandatsträger, die verkehrten Angaben zu korrigieren, kann der Arbeitnehmer vor das Arbeitsgericht gehen.

Das Recht auf Information des Arbeitnehmers bezieht sich auf den (vorgenommenen) Zeitpunkt der Übertragung unter Autorität des Gerichts, die Gründe der Übertragung, und die juristischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Übertragung unter Autorität des Gerichts.

Was geschieht mit den Forderungen der Arbeitnehmer?

Die neue Regelung behandelt nur die Forderungen, die aus den Arbeitsverträgen der übernommenen Arbeitnehmer hervorgehen.

Wir müssen zwischen drei Arten von Schulden unterscheiden.
Bei Schulden, die vor der Eröffnung des Verfahrens der gerichtlichen Reorganisation fällig sind, haften der Übertragende und der Übernehmende solidarisch. Der Arbeitnehmer kann sowohl den Übertragenden als auch den Übernehmenden für die Begleichung seiner vollständigen Forderung in Anspruch nehmen. Aber der Übernehmende ist nur zur Zahlung verpflichtet, wenn ihn der gerichtliche Mandatsträger über die Schulden in Kenntnis setzt.

Schulden, die ab dem Datum der Eröffnung des Verfahrens der gerichtlichen Reorganisation bis zur effektiven Übertragung fällig sind, gehen zu Lasten des Übertragenden. Wenn er zahlungsunfähig ist und den Gegenstand einer Schließung ausmacht, kann der Schließungsfonds eingeschaltet werden. Dieser Fonds kann sich anschließend an den Übertragenden wenden, um die Rückzahlung der ausgezahlten Beträge zu erwirken.

Schulden, die nach der effektiven Übertragung fällig sind, gehen zu Lasten des Übernehmenden. Er ist der neue Arbeitgeber.

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