Strafverfahren der Finanzaufsicht abgeändert

Nach der historischen Finanzkrise von 2008 ist die Aufsicht des Finanzsektors vollständig reformiert worden. Banken und Versicherungsgesellschaften stehen seit dem 1. April 2011 unter der doppelten Aufsicht der Belgischen Nationalbank und der Autorität Finanzielle Dienste und Märkte. Diese Behörde (die frühere Kommission für das Bank-, Finanz- und Versicherungswesen (KBFV)) handhabt ab dem 15. Juli 2011 neue Verfahrensregeln für die Verhängung von Verwaltungsgeldstrafen.

Twin-Peaks-Modell

Seit dem 1. April 2011 ist die Belgische Nationalbank für die Beaufsichtigung aller Finanzinstitute in Belgien verantwortlich. Die Nationalbank kontrolliert die Zahlungsfähigkeit (Kapitalbasis), die Liquidität und die Rentabilität der Finanzinstitute.
Autorität Finanzielle Dienste und Märkte (englische Bezeichnung: Financial Services and Markets Authority (FSMA)) lautet der neue Name der Kommission für das Bank-, Finanz- und Versicherungswesen (KBFV). Die FSMA ist für die Beaufsichtigung der finanziellen Märkte verantwortlich (darunter Börsengeschäfte, Fusionen und Übernahmen, Insidergeschäfte, Kursmanipulationen). Die FSMA kontrolliert das Verhalten der Finanzunternehmen sowie den Verkauf von Finanzprodukten und ist für den Schutz der Verbraucher zuständig.

Strafverfahren

Eine wichtige Änderung des behördlichen Strafverfahrens betrifft das Gremium, das über die Einleitung einer Ermittlung z. B. bei ernsthaften Anzeichen von Marktmanipulationen oder Handel/Missbrauch von Insiderwissen entscheidet. Statt des Vorstands der FSMA beschließt darüber künftig der Auditor. Er übermittelt seinen Untersuchungsbericht dem Vorstand, der auf dessen Grundlage beschließt: 1. den Fall ohne Konsequenzen abzulegen; 2. eine gütliche Einigung zu akzeptieren; oder 3., ein behördliches Strafverfahren einzuleiten und den Untersuchungsbericht des Auditors der Sanktionskommission zu übermitteln. Bei strafrechtlichen Verstößen wird die Staatsanwaltschaft informiert.

Die neuen Verfahrensregeln gelten auch für die laufenden Fälle (vorbehaltlich einiger Ausnahmen). Vorgänge, in welchen der Vorstand den Generalsekretär (in seiner Eigenschaft als Auditor) bereits mit der Untersuchung beauftragt hat, werden im Prinzip den neuen Verfahrensregeln unterworfen. Dies beinhaltet unter anderem, dass der Auditor seinen Untersuchungsbericht dem Vorstand anstelle der Sanktionskommission übermitteln muss. Beschließt der Vorstand, den Vorgang anschließend der Sanktionskommission zu übermitteln, berät diese darüber in ihrer neuen Zusammensetzung.

Sanktionskommission

Die Sanktionskommission besteht künftig nicht mehr aus dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats und sechs Mitgliedern des Aufsichtsrats, die vom Rat bestimmt werden. Die Kommission setzt sich aus 10 Mitgliedern zusammen, die vom König bestellt werden, darunter sechs Justizbeamte. Die Mitglieder werden für sechs Jahre bestellt. Ihr Mandat kann verlängert werden. Weil die Mandate einiger Mitglieder auf drei Jahre begrenzt werden, wird die Sanktionskommission alle drei Jahre zur Hälfte neu besetzt.

Das Verfahren für die Sanktionskommission verläuft wie früher auf Widerspruch. Die Beschlüsse werden im Prinzip auf der Website der FSMA veröffentlicht, es sei denn, dass deren Bekanntmachung die Finanzmärkte ernsthaft zu stören droht oder den betroffenen Personen einen unverhältnismäßigen Nachteil zufügt.

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